Ressourcen schonen – auf die richtige (Batterie-)Größe kommt es an
#nutzermeinung
Reichweite, Reichweite, Reichweite. Es scheint bei Elektroautos keinen wichtigeren Wert zu geben. Auch der anhaltende Trend zu immer größeren, schweren und leistungsstärkeren PKW – allen voran SUV – überträgt die Industrie eins zu eins auf Elektrofahrzeuge. Dabei überbieten sich die Anbieter mit immer größeren Akkus, größeren Reichweiten und immer höheren Leistungsdaten in Sachen Beschleunigung und Geschwindigkeit. 500, 600 und bald 800 km Reichweite sind möglich und bereits angekündigt. Nach oben scheint es kein Limit zu geben, doch nachhaltig ist dieser Trend nicht.
Fatale Fehlentwicklung
Schließlich sind Elektrofahrzeuge auf Rohstoffe für die Herstellung angewiesen, um die oft heftig gestritten und diskutiert wird: Kobalt, Nickel, Lithium, Kupfer. Zwar werden diese Rohstoffe seit Jahrzehnten abgebaut und in sehr vielen Produkten unseres täglichen Lebens eingesetzt, bislang hat sich nur niemand darum gekümmert. Gut, dass diese Themen nun in den Fokus gelangen und vermehrt Anstrengungen für faire und sichere Arbeitsbedingungen unternommen werden. Zahlreiche Fahrzeughersteller sind hier aktiv und erfolgreich.
Auch sind bereits klare Ziele für den Einsatz von Recyclingmaterial festgesetzt. Es tut sich viel. Dennoch: Der Bedarf an Rohstoffen und Energie zur Produktion bleibt. Und je größer eine Batterie ist (70, 80 und mehr Kilowattstunden Kapazität), desto größer ist der Bedarf an Rohstoffen und Energie bei der Verarbeitung. Etliche Produzenten verzichten komplett oder reduzieren ihren Bedarf an Kobalt. Vermehrt kommt Energie aus erneuerbaren Quellen bei der Produktion zum Einsatz. Und auch die Wege zwischen Batterie- und Autofabrik werden verkürzt.
Die richtige Batterie-Kapazität
Grund genug, die erste Kaufentscheidung kritisch zu überdenken. Muss es wirklich die Modellversion mit dem größten Akku sein, die mit der höchsten Reichweite oder der besten Beschleunigung? Fragen Sie sich doch in aller Ruhe, wie oft Sie weite Strecken zurücklegen und ob es dabei wirklich auf jede Minute ankommt. Tun Sie dies nie oder selten besteht die Gefahr, einen großen, schweren Akku mehr oder weniger umsonst durch die Gegend zu fahren – doch der Umwelt und dem Klima bringt das keinen Vorteil. Eine Ladepause mehr auf Reisen macht die Fahrt nicht weniger schön, entspannt und erhöht zudem die Sicherheit.
Die "Right-Size-Battery"
Hersteller wie Mazda und Sono Motors folgen dieser Überlegung. Mehr ist nicht immer mehr und unter dem Begriff „Right-Size-Battery“ stattet der japanische Hersteller sein erstes Modell, den MX-30, mit einer vergleichsweise kleinen Batterie aus. Sie bietet nur rund 200 bis 250 km Reichweite. Auch das junge deutsche Unternehmen Sono Motors wird in den Sion, einen elektrischen Familien-Van mit integrierten Solarzellen, eine ähnlich große, nein ..., eine ähnliche kleine Batterie einbauen. Diese ist ebenfalls ausreichend für 200 bis 250km an einem Stück. Beide Unternehmen begründen dies mit erheblichen Einsparungen an Rohstoffen und Energie in der Produktion – und beide engagieren sich zusätzlich für fairen Rohstoffabbau und effiziente Herstellung aller Komponenten auf Basis erneuerbarer Energien. Zudem steigert der kleine Akku den Fahrspaß (durch das geringere Gewicht), erleichtert das spätere Recycling und senkt die Gesamtkosten für das Fahrzeug.
Abb: Start-up Projekt Sion von Sono Motors mit integrierten Solarzellen in der Karosserie (Foto: Sono)
Was will – was braucht der Verbraucher?
Der immerwährende Kampf zwischen Kopf und Bauch. Im Handelsblatt erschien die obige Grafik und beim Betrachten wird schnell klar, dass mehr als 90 Prozent (!) aller Fahrten unter 100 km sind. Mit den „kleinen“ Akkus könnten diese also rund zweimal gefahren werden – ohne eine Minute nachzuladen. Und mehr als 50 Prozent aller Fahrten sind sogar kürzer als 25 km. Doch 30 Prozent der Verbraucher*innen fühlen sich offenbar nur wohl in einem Elektroauto mit einer Reichweite von über 500 km und entsprechend großem Akku.
Es liegt also an uns – nicht einfach spontan dem ersten Impuls nachzugeben, sondern die Kaufentscheidung gut zu überlegen. Mit der Entscheidung für ein Elektrofahrzeug leisten Sie einen Beitrag zum Klimaschutz. Wie groß dieser Beitrag ist, liegt in unseren Händen. Vielleicht ist weniger doch mehr?