Meine Wallbox Teil 7: Wir teilen uns eine Wallbox
#nutzermeinung
Seine eigene Wallbox benötigt man nur einmal am Tag, manchmal nur einige Male in der Woche. Lohnt sich die Anschaffung inklusive Anschluss durch einen Elektriker? Warum den Ladeanschluss nicht mit anderen teilen?
Die Idee ist nicht neu und nennt sich „Shared Charging” oder „Community Charging“. Die Vorteile liegen auf der Hand: geteilte Investitionskosten, geringerer Ressourcenbedarf, verringerter Bedarf beim Netzausbau und nicht zu vergessen die soziale Komponenten. Man steht mit den anderen Nutzerinnen im ständigen Austausch. Letztlich sind herkömmliche Tankstellen auch geteilte „Ladeeinrichtungen“. Kein Nutzer eines Fahrzeuges mit Verbrennungsmotor käme auf die Idee, zuhause eine eigene Zapfsäule zu installieren.
Die Anfänge: Das Drehstromnetz
Bereits vor über zehn Jahren entstand die Idee. Damals war es aus der Not heraus, da es nur wenige öffentliche Lademöglichkeiten gab. Das Drehstromnetz wurde von engagierten Nutzern aus der Taufe gehoben. Sie entwickelten die dazugehörige „Drehstromkiste“, eine mit der notwendigen Elektronik ausgestattete Ladebox – quasi der Urahn der heutigen Wallboxen.
Der Nutzerkreis war und ist auf die Mitglieder des Drehstomnetzes beschränkt. Der Ansatz: Ich lade bei dir, du lädst bei mir. Kostenlos oder gegen Spende. Wie viele Freundschaften oder sogar feste Beziehungen beim Kennenlernen an privaten Ladestationen entstanden sind, ist nicht bekannt. Aber die Idee lebt weiter. Nein, sie lebt sogar wieder auf, denn „Sharing is caring“ und passt genau in eine Welt, in der der Gedanke des Teilens knapper und teurer Ressourcen an Bedeutung gewinnt.
Wallbox teilen – ist das erlaubt?
Natürlich, nichts spricht dagegen, die eigene oder eine gemeinsam beschaffte Wallbox, mit anderen zu teilen. Entweder im kleinen Kreis oder öffentlich. Strom kann jederzeit kostenlos weitergegeben werden. Wer den abgegebenen Strom abrechnen möchte, kann dies im Rahmen der steuerlichen Freigrenzen tun. Das Ganze sollte natürlich kein Gewerbe mit Gewinnerzielungsabsicht werden. Zur Sicherheit sollten die abgegebenen Strommengen protokolliert werden, falls das Finanzamt nachfragt. Entscheidend ist, dass der Strom ohne Zuschlag zum gleichen Preis wie der Bezug weitergegeben wird.
Wie organisiert man geteilte Ladepunkte?
Manch einem wird es widerstreben, die eigene Wallbox in offenen Portalen wie GoingElectric einzutragen. Wer dies in einem geschützten Raum tun möchte, für den haben wir Tipps:
1. AirElectric
Die App AirElectric bezeichnet sich selbst als “AirBnB” der privaten Ladeinfrastruktur. Man kann seine eigene Wallbox anbieten und geteilte Ladeeinrichtungen finden. Als Anbieter kann man die Nutzungsbedingungen genau definieren, so dass keine Überraschungen auftreten, z.B. öffentliche Ladezeiten festlegen oder den Strompreis kommunizieren. Private Ladeeinrichtungen können im Bereich „Destination Charger“ eingetragen und aufgefunden werden.2. YouCharge.me
Die Webseite www.youCharge.me dient ebenfalls dem Zweck, private Ladeeinrichtungen zu veröffentlichen und solche zu finden. Die Eintragung des eigenen Angebotes erfolgt nach der Anmeldung schnell und unkompliziert. Anfragen potentieller Nutzer erreichen den Anbieter per SMS oder Mail. Die Nutzung ist kostenfrei und unverbindlich.
3. &Charge
Auch in der App von &Charge (für iOS und Android) gibt es seit Neuestem die Funktion „Wallbox Sharing“. Hier kann jeder, der seine Wallbox anderen Nutzern der App zur Verfügung stellen möchte, seine Lademöglichkeit einstellen, Nutzungszeiten konfigurieren und auch einen Preis pro Kilowattstunde definieren, denn das Team von &Charge hat sich große Mühe gegeben, eine rechtlich einwandfreie und steuerlich unproblematische Lösung für die Abrechnung privater, so genannter direkter, Ladevorgänge zu schaffen. Auch als Nutzer ist die Suche und die Buchung einer privaten Lademöglichkeit mit der App besonders sicher und einfach. App und Anmeldung sind kostenlos.
4. Nachbarschaftsportale
Diverse Portale im Internet wie beispielsweise Nebenan ermöglichen den privaten Austausch von Dienstleistungen auf nachbarschaftlicher Ebene – das Teilen von Ladeeinrichtungen gehört ebenfalls dazu.
Abb: Air Electric erleichtert das Teilen und Auffinden von Wallboxen (Quelle: Air Electric)
Klappt das in der Praxis?
Wallbox-Sharing bedeutet, dass Nutzer nicht jederzeit die Möglichkeit haben, das eigene Elektroauto zu laden. Daher scheiden auf den ersten Blick vor allem solche Fahrzeuge aus, die viel und häufig geladen werden müssen, wie beispielsweise Plug-in-Hybride. Aufgrund der kleinen Batterien müssen sie im Grunde täglich an die Wallbox.Besser geeignet sind Elektrofahrzeuge, die mit einer Akkuladung 200 bis 300 km fahren. Bei einer durchschnittlichen Nutzung des Fahrzeugs von 30 bis 50 km pro Tag, muss nur alle drei bis fünf Tage geladen werden, also ein- bis zweimal pro Woche. Eine Ladung kann auch auf das Wochenende verschoben werden. Damit entspannt sich die Situation. Steht eventuell am Arbeitsplatz oder in der Nähe eine zusätzliche Lademöglichkeit zur Verfügung, spricht nichts dagegen, das Teilen einer Wallbox mal auszuprobieren.
Worauf sollte man bei der Wallbox achten?
Ist schon eine Wallbox vorhanden, lässt sich eventuell ein Unterzähler installieren, den man online auslesen kann. So lässt sich der Stromverbrauch kontrollieren und jedem Teilnehmer zuordnen. Wird eine neue Wallbox installiert, ist es empfehlenswert eine mit integriertem Stromzähler und RFID-Leser auszuwählen. Der Nutzer identifiziert sich mit einem Chip. Wer den nicht besitzt, kann hier auch nicht laden. Immer mehr Wallboxen verfügen über derartige Lesegeräte. Aber Achtung: Die verbauten Zähler sind häufig nicht geeicht, so dass die Stromzählung mit einer geringen Fehlertoleranz verbunden ist.
Teil 1 der Wallbox-Reihe
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