Meine Wallbox Teil 3: Auf das E-Auto kommt es an
#nutzermeinung
Ist die Entscheidung zur Anschaffung einer Wallbox gefallen, stellt sich die Frage: Welche soll man nehmen? Das Angebot ist groß. Ob der Ladepunkt fest an einer Wand montiert oder eher mobil genutzt wird, hängt von persönlichen Vorlieben ab. Doch ganz entscheidend ist: Der Ladepunkt muss zum Elektroauto passen.
Worauf muss ich beim Anschluss achten?
Das hört sich einfach an, doch ein Praxisbeispiel verdeutlicht die Komplexität. In der Gemeinde, in der ich wohne, hat die Verwaltung bereits vor einigen Jahren zwei Elektrofahrzeuge angeschafft. Für den Nissan Leaf I und einen Nissan E-NV200 wurde eine Wallbox installiert. Beide Fahrzeuge können an dem Ladeanschluss (AC, also Wechselstrom) mit einer Ladeleistung von 6,6 kW geladen werden. Um diese mögliche Ladeleistung auszunutzen, wurde eine Wallbox mit einer maximalen Ladeleistung von 11 kW installiert. Gesagt, getan, doch die Verwunderung war groß, als man bemerkte, dass beide Fahrzeuge nie komplett geladen waren, wenn sie benötigt wurden. Das schränkte den Einsatzradius spürbar ein. Die Akkus waren stets nur zu 50 bis 60 Prozent geladen, aber eben nie voll. Ärgerlich, vor allem im Winter.
Ladezeit zu lange? Was stimmt nicht?
Die Ladedauer war erheblich länger, als zunächst berechnet. Wie konnte das sein? Warum luden beide Fahrzeuge an einer Wallbox mit einer maximalen Ladeleistung von 11 kW nur mit der halben Ladeleistung von gerade mal 3,3 kW? Ein technischer Defekt an der Wallbox oder an beiden Fahrzeugen? Um das herauszufinden, wurde der ausführende Elektriker beauftragt, die Wallbox und deren Ladeleistung zu prüfen. Das Ergebnis war einwandfrei. Anschließend wurden die Fahrzeuge probeweise an meiner privaten Wallbox (maximale Ladeleistung sogar 22 kW) getestet. Hier zeigten beide Fahrzeuge plötzlich ihre volle Ladeleistung von 6,6 kW an. Warum aber nur bei mir und nicht am Rathaus? Natürlich sollte ein Fahrzeug, das mit 6,6 kW Leistung geladen werden kann, an einer Wallbox die 11 kW abgeben kann, mit voller Leistung laden können. Hier kommt nun unser Stromnetz und das im Auto verbaute Ladegerät ins Spiel.
Abb.: Nissan Leaf I - wollte an der Wallbox einfach nicht voll laden (Foto: Nissan)
Mehr Spuren für den Strom
In weiten Teilen Europas arbeitet ein so genanntes dreiphasiges Stromnetz. In jeden Haushalt führt nicht eine, sondern drei stromführende Leitungen (dazu noch der Null- und der Schutzleiter, aber die sind hier nicht so wichtig und deshalb lassen wir die mal außen vor). Die Leitungen werden als Phasen bezeichnet.
Der Strom wird auf drei Phasen aufgeteilt, dies soll einerseits die Belastung der einzelnen Leitungen reduzieren (wie auf einer Autobahn mit drei Fahrspuren, statt einer) und andererseits die maximale Leistung erhöhen (auf drei Fahrspuren können mehr Fahrzeuge unterwegs sein, als auf einer). Auf diese Weise kann man im Haushalt einen elektrischen Herd mit vier Kochfeldern und Backofen gleichzeitig nutzen.
Natürlich ist jede dieser drei Leitungen in ihrer Leistung begrenzt. Es kann nicht unendlich viel Strom über eine Leitung fließen. Die Menge an Strom (Stromstärke) wird in Ampere (A) gemessen, so wie man Wasser in Litern misst. Normale Leitungen sind auf 16 A begrenzt. Damit kann pro Leitung eine Leistung von maximal 3,7 kW genutzt werden (230 Volt * 16 A = 3700 Watt oder 3,7 kW). Bei drei Leitungen zusammen sind das schon rund 11 kW. Spezielle Leitungen im Haushalt können sogar die doppelte Leistung übertragen (32 A), also bis zu 22 kW.
Abb.: Elektroauto Renault Zoe – kann mit maximal 22 kW an einer Wallbox geladen werden (Foto: DK)
Mit drei Phasen schneller laden
Im Elektroauto als auch im PlugIn-Hybrid ist mindestens ein Ladegerät verbaut. Es bestimmt die Leistung, mit der das Fahrzeug Wechselstrom aus der Wallbox aufnehmen kann. In vielen Fahrzeugen sind einfache Ladegeräte verbaut, die nur eine Phase nutzen und somit maximal mit 3,7 kW laden. In den letzten Jahren sind etliche Hersteller dazu übergegangen, zwei- oder sogar dreiphasige Ladegeräte in ihre Fahrzeuge einzubauen. Um solche Elektroautos optimal laden zu können, muss die Wallbox entsprechend mit dem Stromnetz verbunden sein. Am besten also mit einem dreiphasigen Anschluss. Da einige wenige Fahrzeuge sogar mit bis zu 22 kW geladen werden können, z.B. die Renault Zoe oder der Smart EQ mit Schnelllader, müssen die genutzten Wallboxen nicht nur dreiphasig, sondern zusätzlich auch mit einem dickeren Kabel an die Hausverteilung angeschlossen werden. Es muss die doppelte Leistung (Stromstärke) von 32 A statt 16 A aushalten.
Wallbox und Elektroauto auf einander abstimmen
Ein genauerer Blick auf den Nissan Leaf und den Nissan E-NV200 zeigen, diese Fahrzeuge nutzen ein einphasiges Ladegerät. Schließt man so ein Elektroauto an einer Wallbox an, die über drei Phasen 11 kW liefert (pro Phase max. 3,7 kW), kann das Auto trotzdem nur eine der drei Phasen nutzen und somit nicht mit voller Leistung laden. Es kommt also nicht nur auf die Gesamtleistung der Wallbox an, sondern auch auf das Ladegerät im vorhandenen E-Auto. Stimmen Sie also vor der Anschaffung Wallbox und E-Auto aufeinander ab. Natürlich spricht nichts dagegen, die Wallbox gleich dreiphasig mit einer maximalen Ladeleistung von bis zu 22 kW anzuschließen. Daran können dann alle E-Fahrzeuge mit optimaler Leistung geladen werden, heute und auch in Zukunft.
Teil 1 der Wallbox-Reihe
Kann man nicht einfach an der Steckdose laden
Teil 2 der Wallbox-Reihe
Teil 4 der Wallbox-Reihe
Wallbox mit fest installiertem Kabel oder ohne?
Teil 5 der Wallbox-Reihe
Teil 6 der Wallbox-Reihe
Schnellladen mit Gleichstrom zuhause – Zukunftsmusik?
Teil 7 der Wallbox-Reihe
Teil 8 der Wallbox-Reihe
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