Ist das Elektroauto ein Feinstaubmonster?

22.02.2021

#nutzermeinung

Feinstaub und Autos – da denkt man zuerst an Diesel-PKW und auch an Benziner, denn alle PKW mit direkteinspritzender Motortechnik, gekennzeichnet durch die Kürzel „TSI“, „CGI“, „TFSI“ o.Ä., erzeugen bei der Verbrennung enorme Mengen an Feinstaub – teilweise mehr als ein Diesel-PKW. Seit Umsetzung der Euro 6d-temp-Abgasnorm müssen daher auch Benziner mit einem Feinstaubfilter ausgestattet werden. Doch viele ältere Modelle, Benziner und Diesel, werden noch Jahre und Jahrzehnte ohne Filter unterwegs sein. Aber auch mit Filter sind die Abgase keinesfalls frei von Feinstaub. Selbst PKWs, die aktuelle Abgasnorm erfüllen, dürfen immer noch 6 * 1011 Partikel pro gefahrenem Kilometer ausstoßen. Das ist eine sechs mit elf Nullen – und das mit Filter!

Feinstaub stellt eine direkte Gefahr für die Gesundheit dar; insbesondere die ultrafeinen Partikel, die als PM 2.5-Partikel bezeichnet werden. Diese winzigen Partikel dringen tief in die Lunge ein und überwinden die natürliche Barriere zwischen Lunge und Blutkreislauf. Im Blut können Sie u.a. zu Herz-Kreislauferkrankungen führen.

Feinstaub ist ein ernstes Problem, das nicht nur durch Verbrennungsmotoren verursacht wird. Quellen sind auch Komfortkamine, die Landwirtschaft, der Schwerlastverkehr sowie viele industrielle und technische Vorgänge. Im Bereich des PKW- und LKW-Verkehrs ist es auch der Abrieb von Bremsscheiben, Reifen sowie das ständige Aufwirbeln der Stäube durch fahrende Autos.


PKWs werden immer schwerer

Seit Jahren werden PKWs immer schwerer, die SUV-Welle rollt ungebrochen über die Straßen. Damit steigt das durchschnittliche Gewicht pro PKW immer weiter an. Schwerere PKW erzeugen mehr Abrieb an Bremsen, Reifen und Straßenbelag. Und das gilt für jedes Fahrzeug, unabhängig vom Antrieb.

Klar ist: Ein Elektroauto erzeugt im Betrieb keine Feinstaubemissionen durch Verbrennungsprozesse und deutlich weniger beim Bremsen, da überwiegend elektrisch gebremst wird (Rekuperation – also die Bremsenergierückgewinnung; dabei wird die Bewegungsenergie in Strom gewandelt und im Akku gespeichert). Auch verfügen elektrisch betriebene PKW in der Regel über keine Kupplung, denn auch diese wird bei jedem Schaltvorgang mechanisch beansprucht und abgenutzt. 

Jedoch wirbelt auch ein Elektroauto Staub auf, der sich auf der Straße abgesetzt hat. Und auch seine Reifen nutzen sich ab. Ebenso trägt es zum Abrieb des Straßenbelages ab. Und dabei gilt: Je schwerer das Fahrzeug, desto größer der Abrieb.



Abb: Die Reifen an großen, schweren E-Autos erzeugen Feinstaub beim Fahren


Feinstaubemissionen durch Elektroautos

Eine neue Studie der OECD weist auf ein mögliches Problem hin: Mit der abnehmenden Zahl von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren, deren Feinstaubemissionen tendenziell durch Partikelfilter mehr und mehr zurückgehen, und der gleichzeitigen Zunahme von Elektrofahrzeugen, die jedoch im Durchschnitt schwerer sind, könnte es zu einer Zunahme der Feinstaubbelastung kommen, wenn keine regulatorischen und technischen Maßnahmen ergriffen werden, um die nicht durch Verbrennungsprozesse erzeugten Feinstaubemissionen so weit als möglich zu vermeiden. Solche Maßnahmen könnten beispielsweise sein:

  • Fahrverbote für PKW mit hohem Gewicht in den Innenstädten

  • Geschwindigkeitsreduzierung

  • Entwicklung abriebsarmer Reifen

  • Allgemeine Gewichtsreduzierung der Fahrzeuge


Wie jeder Feinstaub vermeiden kann

Neben diesen Maßnahmen kann jeder Autofahrer direkt einen Beitrag zur Reduzierung der verkehrsbedingten Feinstaubemissionen leisten. Dazu gehören: 

  • angepasste und gleichmäßige Fahrweise, z.B. Verzicht auf starke Beschleunigungen

  • zusätzliches Gewicht im Fahrzeug vermeiden (schauen Sie doch mal in Ihren Kofferraum …)

  • unnötige Fahrten vermeiden oder Routen optimal planen

  • auch mal das Fahrrad nehmen, zu Fuß gehen oder den ÖPNV nutzen

  • bei der Fahrzeugauswahl auf das Gewicht achten – vielleicht reicht die Modelvariante mit kleinerem Akku? Dies kann schnell 200 bis 300 kg Gewicht einsparen.


Das Auto muss "abnehmen"

Ein Fazit zu ziehen ist sehr schwierig. Zunächst: Elektroautos erzeugen durch den nicht vorhandenen Verbrennungsmotor, die nicht vorhandene Kupplung und das elektrische Bremsen keine Feinstaubemissionen. Damit tragen Sie zur Verbesserung der Luftqualität bei. Das kommt dem Gesundheitsschutz zu Gute.

In wie fern die (noch) höheren Fahrzeuggewichte zu steigenden Feinstaubbelastungen beitragen, ist noch völlig offen. Zudem ist es unumstritten, dass gerade in den Innenstädten der private PKW mehr und mehr zurückgedrängt wird. Eventuell kommen in absehbarer Zeit Fahrverboten für große und schwere Fahrzeuge – dann ist es egal, wie diese angetrieben werden. 

Überdimensionale Fahrzeuge in den Städten? Hoffentlich keine Frage der Ideologie, sondern des gesunden Menschenverstandes.  



Dieser Blogartikel spiegelt die Meinung eines unabhängigen Community-Mitglieds wieder. Er beinhaltet keine offizielle E.ON Position oder Meinung.

3 Kommentare
2021-02-22T12:05:30Z
Montag, 22.02.2021 um 13:05 Uhr
Die Lösung ist doch ganz einfach: Weniger Verkehr insgesamt, speziell in der Stadt. Ich bin stolze Besitzerin eines Elektroautos, aber was die Innenstädte angeht, da können mir Autos jeglicher Art gestohlen bleiben.
2021-02-22T13:41:12Z
Montag, 22.02.2021 um 14:41 Uhr
Thea Markl:
Die Lösung ist doch ganz einfach: Weniger Verkehr insgesamt, speziell in der Stadt. Ich bin stolze Besitzerin eines Elektroautos, aber was die Innenstädte angeht, da können mir Autos jeglicher Art gestohlen bleiben.

Hallo Thea, toll, dass du elektrisch unterwegs bist. Ich gebe Dir 100% Recht, der private, motorisierte, innerstädtische Verkehr wird reduziert werden müssen, jedoch braucht es dazu wirklich überzeugende Alternativen, damit die Menschen "umsteigen" und sich die Lebensbedingungen spürbar bessern (Luftqualität, Lärm, Platz, mehr Grün usw.).

Dann bleibt auch ausreichend Platz für die Anwendungen, bei denen PKWs wirklich unersetzlich sind, z.B. geteilte Fahrzeuge, Pflegedienste, Lieferdienste usw. 


Danke für Dein Feedback!

2021-02-23T07:54:45Z
Dienstag, 23.02.2021 um 08:54 Uhr
Thea Markl:
Die Lösung ist doch ganz einfach: Weniger Verkehr insgesamt, speziell in der Stadt. Ich bin stolze Besitzerin eines Elektroautos, aber was die Innenstädte angeht, da können mir Autos jeglicher Art gestohlen bleiben.

Oder einfach, wie mein Vorreder auch sagte, deutlich weniger Individualverkehr. Ich finde es aber schon erfreulich (wenn auch längst überfällig), dass über solche Themen diskutiert wird. Einsicht ist ja bekanntlich der erste Schritt zur Besserung.

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