E-Auto Mythen Teil 1: Erfrieren bei Stau im Winter

22.01.2021

#nutzermeinung

Die kalte Jahreszeit ist da und wie jedes Jahr kursieren Bilder, die eingeschneite Autobahnen samt Stau zeigen und fragen, was man mit einem Elektroauto macht, wenn man in einem solchen Stau steht. Für eilige Leser sei direkt gesagt, man macht die Heizung an und wartet, bis sich der Stau auflöst. Warum und woher der Glaube stammt, man müsse frieren, wenn man im Elektroauto im Stau steckt, dazu kommen wir jetzt.


E-Autos nutzen keine Motorwärme

In den Anfängen der Elektromobilität waren die Batterien mit ca. 15 bis 20 kWh sehr klein. Ohne Heizung mit dem E-Auto zu fahren, hatte erheblichen Einfluss auf die Reichweite. Da im Elektroauto keine nennenswerte Abwärme an den E-Motoren entsteht, die zum Wärmen des Innenraums genutzt werden könnte, verwenden E-Fahrzeuge sogenannte PTC-Heizelemente. Diese sind vergleichbar mit Heizlüftern wie man sie auch von zuhause kennt.

Das Problem dieser „Heizlüfter“: Sie verbrauchen viel Energie. Etwa 2000 bis 3500 Watt. Diese Leistung benötigen sie aber nur zum Aufheizen des Fahrzeugs. Ist die gewünschte Temperatur erstmal erreicht, benötigen die Heizelemente nur noch 30 bis 50 Prozent ihrer Maximalleistung, um die Wärme im Fahrzeug zu halten. Die 1 bis 1,7 kW bei zwei Stunden Stau sind allerdings noch immer eine Menge Energie – rund 2 bis 3,4 kWh. 

Deshalb sind heutige Elektroautos oft mit Wärmepumpe und einer wesentlich grössere Batterien ausgestattet. Eine Wärmepumpe benötigt weit weniger Energie als diese Heizelemente. Allerdings dauert es etwas länger bis sie die gewünschte Temperatur erreicht haben. Im Schnitt liegt der dauerhafte Verbrauch einer Wärmepumpe bei etwa 0,3 bis- 0,6 kW. Elektroautos sollten vor Fahrtantritt, noch am Strom hängend, per App vorgeheizt werden. Die Heizung muss dann über die Fahrtdauer nur noch die Temperatur halten.

 


Abb: Energieverbrauch von Klimaanlage und Licht im Stau (Foto: Steve Dumke)


Wie lange kann ein E-Auto im Stau stehen?

Die durchschnittliche Batteriegröße eines Mittelklasse-Elektrofahrzeugs beträgt heute etwa 40 bis 50 kWh. Nehmen wir den Mittelwert, dann haben wir ein Elektrofahrzeug mit 45 kWh und einen Wärmepumpenverbrauch von dauerhaft 0,45 kW. Ein solches Fahrzeug verfügt für gewöhnlich über eine Real-Reichweite von 300 Kilometern. Kommt dieses E-Auto nach einer Strecke von 150 Kilometer in einen Stau, kann es dort bis zu 50 Stunden stehen und die Temperatur im Innenraum halten, bevor die Batterie leer ist. Nach einem Stau von 24 Stunden wären noch etwa 11 kWh in der Batterie und würden (ausgehend von einem durchschnittlichen Verbrauch von 15 kWh) noch für eine Weiterfahrt von etwa 80 Kilometern reichen.

Moment mal, werden jetzt einige sagen. Das ist ja nur die Heizung. Was ist mit dem Verbrauch im Stand und mit Radio, Handy laden, Licht etc.? Die Verbräuche eines Handys, Autoradios und ähnlichem sind hier bereits inkludiert, da diese so gering sind, dass sie keinen nennenswerten Unterschied machen. Auch die LED-Beleuchtung oder Scheibenwischer machen hierbei für eine Stunde Betrieb etwa 0,1 kWh aus.

 


Abb: E-Auto bereits beim Laden aufwärmen (Foto: Steve Dumke)


Motor benötigt im Stau keine Energie

Der Clou am Elektroauto ist jedoch, im Stand verbraucht der Motor keinerlei Energie. Damit wird der vermeintliche Vorteil des Verbrenners, die Abwärme des Motors zu nutzen, um den Innenraum zu heizen, zu einem Nachteil. Der Motor brummt vor sich hin, verbrennt Kraftstoff, um daraus elektrische Energie und Wärme zu erzeugen. Das E-Auto nutzt direkt und höchst effizient die Energie für Beleuchtung und Heizung.

Ein Elektrofahrzeug muss zwar nach wie vor Wärme erzeugen, macht dies aber so effizient wie es sonst kein Fahrzeug mit Verbrennungsmotor könnte. Würde man nämlich eine Wärmepumpe in ein Fahrzeug mit Verbrennungsmotor einbauen, müsste dieser mit seinem Wirkungsgrad von maximal 30 Prozent erst die elektrische Energie erzeugen, die zum Betrieb der Wärmepumpe benötigt wird. Somit rechnet sich in Wärmepumpe im Verbrenner-Fahrzeug nicht.


E-Auto Mythen:

Teil 2: Stundenlanges Laden

Teil 3: Dreckige Rohstoffe für saubere Autos

Teil 4: Die Abhängigkeit von Kobalt reduzieren

Teil 5: Ohne Klimaanlage im Elektroauto fahren



Dieser Blogartikel spiegelt die Meinung eines unabhängigen Community-Mitglieds wieder. Er beinhaltet keine offizielle E.ON Position oder Meinung.

4 Kommentare
2021-01-26T14:33:55Z
Dienstag, 26.01.2021 um 15:33 Uhr
Tolle Rubrik und jeweils sehr gut widerlegt. Bin gespannt auf Teil 2. ;)
2021-01-26T15:48:36Z
Dienstag, 26.01.2021 um 16:48 Uhr
Chris Sieber:
Tolle Rubrik und jeweils sehr gut widerlegt. Bin gespannt auf Teil 2.

Da schließ ich mich an! 

2021-01-27T13:04:41Z
Mittwoch, 27.01.2021 um 14:04 Uhr
Ich find es ehrlich gesagt auch für einen selbst nützlich um auch als Elektrobefürworter besser argumentieren zu können. :D
2021-01-28T14:29:59Z
Donnerstag, 28.01.2021 um 15:29 Uhr
Wie immer sehr informativ. Ich habe tatsächlich das Gefühl, dassdie Wintertauglichkeit ein sehr sehr beliebtes Vorurteil gegenüber Elektroautos ist. In diesem Sinne: Danke für die tollen Erklärungen
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