Back to the Future: Alt gegen neu – Teil 2
#nutzermeinung
In dieser kleinen Blog-Serie vergleiche ich zwei Fahrzeuggenerationen, die sich ähnlicher sind, als viele vermuten werden: Die alten Drillinge, also die baugleichen Fahrzeuge von Mitsubishi (i-MiEV), Peugeot (iON) und Citroen (C-Zero), die ab 2010 als erste Serienelektrofahrzeuge auf den Markt kamen, und die Neuauflagen der „neuen“ Drillinge von VW (eUP), Seat (Mii electric) und Skoda (CityGo iV).
Während ich in der ersten Folge der Frage nachgegangen bin, ob sich der Kauf eines gebrauchten Elektroautos überhaupt lohnt, liegt der Schwerpunkt dieser zweiten Folge auf einem direkten Vergleich der „alten“ und „neuen“ Drillinge. Los geht´s!
Was Sie in dieser Folge erwartet:
Technischer Vergleich
Optischer Vergleich
Vergleich im Alltag
Die Zeit der alten Drillinge von Mitsubishi, Peugeot und Citroen scheint endgültig zu Ende, nur noch auf der Homepage von Citroen findet man noch Reminiszenzen an den C-Zero, u.a. eine komplette Informationsseite zum Fahrzeug. Dort wird der C-Zero nach wie vor als nahezu perfektes Citycar beworben.
Ein Neukauf ist aber bei keinem der drei Hersteller mehr möglich, die Produktion wurde im Herbst 2020 endgültig eingestellt. Seit dem kann man die Elektro-Flitzer nur noch gebraucht kaufen.
Tatsächlich kaufen kann man aber Stand heute (02/21) auch die neuen Drillinge nicht mehr, sind diese ihrem enormen Erfolg zum Opfer gefallen – der Run auf diese Elektroautos war enorm. Die Hersteller mussten die Reisleine ziehen. Neubestellungen sind nicht mehr möglich. Nur Seat hat kürzlich abgekündigt, den Mii electric in einer Sonderedition mit üppiger Ausstattung demnächst wieder anzubieten.
Abb.: Screenshot Webseite Citroen, Abruf 02/21 (Screenshot: J. Affeldt)
Alt gegen neu im Vergleich
Was zeichnet ein perfektes Citycar aus? Klar, kompakt muss es sein, wendig und übersichtlich. Hier haben die „Alten“ etwas die Nase vorn, sie sind rund zehn Zentimeter kürzer und schmaler, was der Mobilität in engen Seitenstraßen und dem Einparken zu Gute kommt. So ist auch der Wendekreis bei den alten Drillingen um einen Meter enger. Bei der Rundumsicht gewinnen dagegen die „Neuen“, vor allem wegen der besseren Sicht nach hinten.
Ähnlich knapp geht der Vergleich beim Kofferraum aus. Mit hochgestellten Rücksitzen beträgt das Volumen bei den alten Drillingen um die 160 Liter, bei den neuen um die 190 Liter. Legt man die Sitze um und „füllt“ die Fläche bis zur Unterkante der Fenster, können bei beiden mit rund 430 Liter beladen werden, bis unter das Dach jeweils um die 800 Liter. Die alten Drillinge punkten jedoch in drei Bereichen: so ist die Ladefläche bei umgeklappten Rücksitzen eben, die beiden Rücksitze können senkrecht gestellt werden, was die Raumausnutzung beim Beladen z.B. mit Getränkekisten oder Einkaufskörben optimiert und die Ladefläche ist eben mit der Ladekante auf Höhe der Heckklappe, so dass man sich beim Ein- und Ausladen nicht bücken muss. Aus meiner Sicht punkten hier die alten Drillinge, auch wenn sie etwas weniger Stauraum bieten.
Ohne Assistenz
Klar die Nase vorn haben die neuen Drillinge bei der Ausstattung, die bei i-MiEV, iON und C-Zero eher spartanisch ist – dennoch fehlt auch hier nicht wirklich Wichtiges. Leider gibt es keinerlei Einparkhilfen und Multimedia- und Internet-Konnektivität sucht man vergebens – mit etwas Mühe kann man bei den alten Drillingen das Smartphone per Bluetooth anbinden und Musik abspielen. Uhrzeit und Temperaturanzeige? Fehlanzeige. Dies mag auf den ersten Blick altbacken und vielleicht sogar abschreckend wirken. Doch weniger ist manchmal mehr, so lenkt nichts von der Fahrt ab und das Radio mit CD-Player lässt echtes Retro-Feeling aufkommen. Und ein eingebautes Navigationssystem haben auch die neuen Drillinge nicht – hier hilft das Smartphone.
In Sachen Insassensicherheit müssen sich die alten Drillinge nicht vor den Neuen verstecken, Front-, Seiten- und Kopfairbags schützen vor ernsten Verletzungen und auch der Akku ist vorbildlich geschützt, auch beim Seitenaufprall. Nicht angelegte Sicherheitsgurte werden optisch und akustisch angezeigt – nicht selbstverständlich in dieser Klasse. Kindersitze? Kein Problem.

Abb.: Neu ist der Seat Mii electric (links), zu den alten Drillingen gehört der Citroen C-Zero (rechts) Fotos: J. Affeldt
Schneller laden
Im Alltag zeigen sich die alten und neuen Fahrzeuge erfreulich sparsam, mit leichten Vorteilen für die alten Drillinge. Beide lassen sich mit knapp unter 10 kWh pro 100 km fahren, das schont die „Stromkasse“. Beim Laden stehen jeweils Anschlüsse für Wechselstrom und Gleichstrom zur Verfügung, jedoch mit Unterschieden. So laden die neuen Drillinge an Wechselstrom doppelt so schnell. Und beim Gleichstromladen benötigen die alten Drillinge den japanischen CHAdeMO-Anschluss, die neuen setzen auf das europäische CCS-System.
Kurz gefasst: Beide Fahrzeugvarianten basieren auf Verbrennerplattformen, daher wird der zur Verfügung stehende Platz nicht optimal ausgenutzt, das merkt man ihnen aber im Alltag nicht an. Ja, die neuen Drillinge sind in Teilaspekten moderner und wirken auch optisch pfiffiger, aber nicht grundsätzlich überlegen. Die alten Drillinge erscheinen optisch und technisch etwas altbacken, man könnte das aber auch zeitlos nennen, die Form folgt der Funktion und im Stadtgewusel und auf der Landstraße ist man mit entspannt, sparsam und umweltfreundlich unterwegs.
Abb (vlnr): Typ1 (max. 3,7 kW) bei den alten Drillingen, die neue Generation setzt auf CCS (7,2 kW AC / 40 kW DC), der CHAdeMO-Anschluss der ersten Generation bietet zwar auch 40 kW Ladeleistung (DC) ist allerdings an öffentliche Ladesäulen vom "Aussterben" bedroht. (J. Affeldt)
CHAdeMO verschwindet
Im Alltag zeigen sich sowohl die elektrischen „Senioren“, als auch die jungen „Wilden“ 100 Prozent praxistauglich, Sommer wie Winter. Strecken bis zu 100km sind auch ohne Nachladen problemlos zu bewältigen, bei den alten Drillingen ist aber im Winter eine Zwischenladung nötig – hier macht sich die deutlich kleinere Batterie (16 kWh statt 32 kWh bemerkbar). So macht sich die geringere Ladeleistung an Wechselstrom-Ladestationen bzw. an der heimischen Wallbox bemerkbar, wenn unterwegs nachgeladen werden muss und keine Schnellladestation zur Verfügung steht. Und zuletzt: Das japanische Schnellladesystem CHAdeMO wird mittelfristig in Europe keine Rolle mehr spielen. An mehr und mehr öffentlichen Ladepunkten wird dieser Anschluss verschwinden.
Abb: Klein, aber mit vier Türen, der Volkswagen eUp (J. Affeldt)
Mit den Alten gut unterwegs
Die alten Drillinge eignen sich also insbesondere für Anwender, die feste Touren haben und überwiegend zuhause laden können, den mit den neuen Drillingen sind auch zukünftig längere Ausflüge durch das CCS-Schnellladesystem problemlos möglich. Leichte Vorteile für die neuen Drillinge auch im Winter – Klimatisierung und Heizung funktionieren hier kraftvoller und schneller, insbesondere die Heizleistung der alten „Herren“ ist nicht sehr hoch, bei sehr niedrigen Temperaturen muss man mit leichten Komforteinbußen rechnen. Doch insgesamt liegen beide Fahrzeuge, auch wenn rund zehn Jahre Entwicklungszeit dazwischen liegen, erstaunlich nahe beieinander. Und wer ein günstiges, robustes und zuverlässiges Elektrofahrzeug sucht, ist mit einem guten Gebrauchten Mitsubishi i-MiEV, einen Peugeot iON oder einem Citroen C-Zero (immer noch) gut beraten.
Mein Tipp zum Schluss: Sie betreiben eine Photovoltaikanlage und ärgern sich trotz vorhandenem Stromspeicher, insbesondere im Sommer über die hohen Überschüsse, die sie erzeugen? Dann überlegen sie doch mal, einen gebrauchten Drilling als rollenden Stromspeicher zu verwenden. Wo sonst bekommen Sie eine 16 kWh-Batterie für so wenig Geld mit der sie auch noch mobil sein können?